Straßengeschichten
Das Ortsbild von Gunsleben
Gunsleben und seine Straßen
Von Dietmar Buchholz
Der Anlage nach ist Gunsleben ein Straßendorf. Die aus nördlicher Richtung kommende L 78 ändert ihren Verlauf auf der Höhe des Dorfteiches, um nun geradezu gradlinig von Ost nach West das Dorf zu durchziehen. Als Hauptstraße, und das ist nicht nur ihre postalische Bezeichnung, ist sie die Grundachse des örtlichen Straßensystems. Nach Eintritt in das Weichbild Gunslebens zweigt unterhalb des Dorfteiches in östliche Richtung der Üpling ab, eine Nebenstraße, die die Hauptstraße mit dem ehemaligen Rittergut, dem Amt, verbindet. Der Name Üpling resultiert aus einem historischen Vorgang, als 1733 sich drei Kolonistenfamilien aus dem Dorf Üplingen in Gunsleben niederließen und beiderseits der genannten Straße ihre Häuser errichten durften.
In gerader Fortsetzung zweigt von der Hauptstraße östlich des Denkmals eine weitere mit Papenberg benannte Nebenstraße ab, um rechts vom Rössing'schen Grundstück in die Untere Bergstraße einzumünden. Der Papenberg teilt sich in den so benannten Straßenzug und eine namenlose am Denkmal vorbeiführende Nebenstraße, die in Höhe des Pfarrhofplatzes ebenfalls die Untere Bergstraße erreicht. Über den Papenberg soll früher der Pope vom Kloster Hamersleben das Dorf erreicht haben, zu einer Zeit, in der Gunsleben noch nicht über ein eigenes Pfarramt verfügte. Die Ableitung der Silbe "Pape(n)'' von "Pope" ist naheliegend.
Nach Einmündung in die Untere Bergstraße setzt sich der Papenberg im Zick-Zack südwärts fort. Diese Straße kreuzt die vom Kirchplatz kommende Obere Bergstraße, die sich in Richtung Friedhof als "Lämmeckenstraße" fortsetzt.
Der Name Zick-Zack leitet sich aus dem Verlauf dieser Straße ab. Zunächst bergab und südwärts führend, ändert sie nach halber Wegstrecke abrupt ihren Verlauf in Richtung Ost, gleichbedeutend mit der Fortsetzung über den betonierten Wirtschaftsweg nach Neuwegersleben. Hier endet die Teilstrecke "Zick". Danach wieder rechtwinklig in Richtung Bahndamm abbiegend, setzt sich die Teilstrecke "Zack" bis zur Wendeschleife vor den Gleisen fort. Die Straße ZickZack wurde zu DDR-Zeiten in "Straße der Deutsch-Sowjetischen Freundschaft" umbenannt. Seit der Wende gilt wieder die traditionelle Bezeichnung.
Die Obere Bergstraße biegt nach Erreichen des Friedhofs in einer leichten Kurve nach Norden ab und mündet links neben dem ehemaligen Deikeschen Grundstück in die Untere Bergstraße. Deren ostwärtige Fortsetzung fährt zwischen dem Schloss-Park und der Kleingartenanlage direkt ins Hohe Feld, einen unbefestigten die Sandkuhle tangierenden Feldweg in Richtung Hamersleben bzw. nach einer Abzweigung auch nach Neuwegersleben.
In entgegengesetzter Richtung mündet die Untere Bergstraße bei der Napoleoneiche wieder in die Hauptstraße. Zwei namenlose Nebenstraßen, eine davon als Einbahnstraße ausgewiesen, verbinden die Untere Bergstraße mit der Oberen Bergstraße auf kürzestem Wege.
Eine weitere Verbindungsfunktion zur Oberen Bergstraße hat der zu einer Treppe ausgebaute Krugberg, der die Untere Bergstraße gegenüber der Napoleoneiche verlässt und nahe des Kirchplatzes in die Obere Bergstraße einmündet. Ein Fußweg, mit Platten befestigt, führt über den Kirchberg, der sich über eine Treppe zum Fasanenberg absenkt. Der Fasanenberg umschließt den Kirchplatz halbkreisförmig. Er endet einerseits vor dem Gehöft "Apostel-Jacob" blind und mündet andererseits mit Vorfahrt-Beachtung gegenüber vom Schrader'schen Grundstück wieder in die Hauptstraße. Eine direkte und von der Treppe ausgehende Straße verbindet den Fasanenberg mit dem Dorfplatz, Standort des Gedenksteins für die 900-Jahrfeier Gunslebens aus dem Jahre 2012.
Am Dorfplatz führt auch die Hauptstraße vorbei, von der nun neben dem Dorfgemeinschaftshaus als Nebenstraße die Backtwete abzweigt. Diese endet, südwärts führend vor den Gleisen der Eisenbahnstrecke. Über die Hauptstraße führt der Weg in Richtung Ortsausgang nach Aderstedt. Bevor dieser erreicht wird, zweigt gegenüber der Domeierschen Villa ein unbefestigter Feldweg nach Wackersleben ab, wenige Meter weiter die Straße zum Bahnhof mit ihrer Fortsetzung als Ladestraße. Die postalische Bezeichnung dieser Straße lautet Am Bahnhof. Die Ladestraße endet vor Eintritt in die Bonnert, einem befestigten Wirtschaftsweg nach Wackersleben, auf Höhe des Speichers. Bei Negierung der erwähnten Abzweigungen von der Hauptstraße kreuzt diese die überasphaltierten Bahngleise, um sich als L 78 via Aderstedt fortzusetzen.
Die Straßennamen Gunslebens lassen sich ableiten
a) von ihrer magistralen Bedeutung (Hauptstraße)
b) vom Relief (Obere und Untere Bergstraße)
c) von der Form ihres Verlaufs (Zick-Zack)
d) von örtlich bedeutsamen Einrichtungen (Amt, Krugberg, Backtwete, Am Bahnhof)
e) von historischen Gegebenheiten (Üpling, Papenberg)
f) von Tiernamen (Fasanenberg).