Die schönsten Schlösser im Norden Sachsen-Anhalts

Die Perle von Gunsleben wird auf Hochglanz poliert

Volksstimme vom 18.09.2012

Gunsleben. Gunsleben liegt westlich von Oschersleben und ist so klitzeklein, dass es kaum auf der Karte zu finden ist. Das Besondere an diesem Ort ist ein Schloss, das gerade aus dem Dornröschenschlaf wachgeküsst wird. Es steht nicht hinter einer Dornenhecke, sondern in einem geräumigen Park mit uralten Bäumen. Das Schloss ist nicht protzig, sondern im ländlichen Barockstil erbaut und verkörpert damit genausoviel Bodenständigkeit, wie die 200-Seelen-Gemeinde selbst.

 Der Schlossherr hat es vor kurzem ersteigert und lässt die beinahe 300 Jahre alten Mauern nach und nach wieder in Schuss bringen. Ab und an können Gunsleber und Gäste daran teilhaben. Die untere Etage wird manchmal für Ausstellungen genutzt und Besucher können schauen, wie so ein altes Landschloss von innen aussieht. Immer dann, wenn der Schlossherr im Schloss weilt.
Wer in das Schloss hinein darf, muss in Filzpantoffeln schlüpfen, denn das Parkett wurde gerade geschliffen und neu versiegelt und sieht nun wieder aus, wie Parkett in einem Schloss aussehen muss. Glänzend. Die Stuckdecken haben die Jahrhunderte weitestgehend überlebt, wenn die Malerein auch ziemlich verblasst sind. Sie bekommen derzeit ihre alte Struktur und die Buntheit zurück.
Das Schloss wurde im Jahre 1754 von Christoph Werner von Asseburg zunächst als Gutshaus errichtet. Der heutige Schlossherr bewahrt die Geschichte der Vorfahren in einem Asseburg-Zimmer. Originalmöbel stehen nicht darin, die gibt es nicht mehr, aber Möbel aus der Zeit der von Asseburgs, Fotos und der Stammbaum dieser Adels-Familie sind in Vitrinen ausgestellt.
Die Struktur dieses Schlosses ist im Laufe der Jahrhunderte gewachsen. Zum Gutshaus gesellten sich ein Inspektorenhaus und erst der Graf Maximilian von der Asseburg-Neindorf fügte dem Anwesen 1891 ein repräsentatives Herrenhaus im neogotischen Stil der Gründerzeit an.
Es besitzt neben zwei Ecktürmen eine kunstvoll gestaltete Holzveranda. Auf dieser Veranda verrät ein Schriftzug, dass hier zu DDR-Zeiten ein Kindergarten untergebracht war, mit einer Puppenecke im Erker. Das Schloss bekommt außerdem gerade seinen Wintergarten zurück. Der Vorgänger wurde in den siebziger Jahren abgerissen und später durch einen einfachen Balkon ersetzt. Der Schlossherr wird diese Bördeperle noch weiterpolieren und die von Asseburgs würden wohl stolz darauf sein.
Öffnungszeiten: Park ist öffentlich zugänglich, Besuchertermine unter www.schloss-gunsleben.de
Eintritt: frei

Schlossherr stellt die untere Etage und den Park zur Verfügung

Gunsleber Schloss ist Ziel des großen Festumzuges

Von Gudrun Billowie - Volkstimme vom 13.07.2012

Der Festumzug am Sonntag ist der Höhepunkt der 900-Jahrfeier Gunslebens und endet am Schloss. Im Park wird gefeiert und in der unteren Etage des Schlosses weht ein Hauch von Geschichte.

Gunsleben. Gunsleben und Neuwegersleben feiern ihren 900. Geburtstag. Der Gunsleber Festumzug beginnt am Sonntag um 11 Uhr. "Zwanzig Bilder spiegeln die Geschichte des Ortes wider", sagt Bürgermeisterin Eva Stroka. Alte Gewerke präsentieren sich ebenso wie die Bauern von Gunsleben.

 

Der Familie von Asseburg gilt ein Bild im Festumzug

"Die Familie von Asseburg wird ebenfalls im Festumzug dargestellt", sagt Eva Stroka. Dieser Familie gehörte einst das Gunsleber Schloss. Das hat inzwischen einen neuen Besitzer und doch ist der Geist der ursprünglichen Eigentümer immer noch darin spürbar. Dafür sorgt der neue Schlossherr hingebungsvoll.

Gunsleber Schloss ist Ziel des großen Festumzuges
Robert Glaß hat das Gunsleber Schloss ersteigert. Sein Nachname wird tatsächlich mit "ß" geschrieben, das Doppel-S, mit dem der Name manchmal auftaucht, ist den Internetadressen geschuldet, die so gar nichts mit dem guten alten "ß" im Sinne haben.
Glaß ist nahe der holländischen Grenze groß geworden und arbeitet derzeit in der Karibik bei der Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit. Karibik, das klingt gut. "Die schönsten Erlebnisse habe ich jedoch hier", sagt der studierte Landwirt, und schwärmt von Schwarzstorch- und Pirolbeobachtungen. Das Schloss ist ihm ans Herz gewachsen, mit all den Mauern und der ganzen Vergangenheit, über die Herr Glaß schon viel gelesen hat und all sein Wissen gerne weitergibt.

Besucher müssen Filzlatschen überstreifen
Nichts soll im Dunkel der Geschichte verschwinden, das Schloss bekommt den alten Glanz zum Teil zurück. Die Spuren der Zeit lässt Glaß wegarbeiten, die Parkettböden glänzen schon wieder. Handwerker arbeiten emsig im Außenbereich. Innen sitzt eine Restauratorin auf einem Gerüst und malt sehr konzentriert die alten Deckenmalereien nach. Robert Glaß möchte diese wiederhergestellte Pracht nicht unbedingt allein genießen, sondern öffnet die Türen des Schlosses für Besucher. Die müssen, wie es sich für echte Schlossbesucher gehört, in Filzlatschen schlüpfen, eine Huldigung an das Parkett. "Ich bin sehr dankbar, dass wir diese unteren Räume für unsere Ausstellungen nutzen dürfen", sagt Bürgermeisterin Eva Stroka. Gunsleben und Neuwegersleben präsentieren sich hier auf Bildern und alten Dokumenten. Die Schönheit des Großen Bruchs als Landschaftsschutzgebiet wird auf Fotos deutlich. Alben liegen auf Tischen. "Die Leute blättern gerne darin und suchen nach ihren Familien", hat die Bürgermeisterin seit der Eröffnung der Ausstellung am 11. Mai beobachtet.
Eine alte Schuhmacherwerkstatt steht beinahe komplett da und das Inventar zeigt, wie vor einhundert Jahren Stiefel oder Kinderschuhe hergestellt wurden. Ein Zimmer ist den von Asseburgs gewidmet. Alte Möbel zeigen Prunk, ein weitverzweigter Stammbaum zeigt die Größe der Familie. "Bei der Einrichtung dieses Zimmers habe ich mich an Fotos aus dem Schloss Neindorf orientiert", sagt der Gunsleber Schlossherr. Auch dieses Schloss gehörte den von Asseburgs. Robert Glaß zeigt ein Familienfoto. "Als Stammhalter darf Maximilian von Asseburg als einziger sitzen", macht er deutlich. Und er fügt an: "Maximilians jüngerer Bruder Burchardt war der letzte aus der Familie, der dieses Schloss besaß." Die Familie von Asseburg gibt es noch immer, eine Ursula von Asseburg aus Bremen hat sich am 11. Mai im Gästebuch verewigt.
Doch auch die Gunsleber und Neuwegersleber haben im Rahmen der 900-Jahrfeier Dinge für die Nachwelt geschaffen. Der Bildband "Gunsleben und Neuwegersleben - Eine Zeitreise in die Vergangenheit" von Albert Busse und Peter Gehlmann liegt zum Verkauf bereit. Der gebürtige Gunsleber Herbert Schinke hat mit seinen Federzeichnungen zwei Kalender gestaltet, einen für Gunsleben, einen für Neuwegersleben.

 Es ist Robert Glaß nicht wirklich recht, aber fürs Foto ließ er sich überreden, einmal wie der Schlossherr zu posieren. Das heißt: Nur er darf im prunkvollen von-Asseburg-Zimmer sitzen, während selbst Bürgermeisterin Eva Stroka steht.
Es ist Robert Glaß nicht wirklich recht, aber fürs Foto ließ er sich überreden, einmal wie der Schlossherr zu posieren. Das heißt: Nur er darf im prunkvollen von-Asseburg-Zimmer sitzen, während selbst Bürgermeisterin Eva Stroka steht.