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Ein Dorf auf dem Wege zum Mekka für Müll und Fäkalien
Man fragt: „Quo vadis, Gunsleben?"
Von Heinz Ruhnke (Volksstimme vom 25.06.1992)
Die Einwohner dieser Gemeinde stellen im Hinblick auf die Zukunft des kleinen Dorfes zur Zeit viele Fragen: Dietmar Buchholz hat einige davon aufgelistet und möchte sie in aller Öffentlichkeit gestellt wissen:
Geblieben ist die Frage, warum die Gemeinde bisher keinen Pfennig Gewinn aus dem Betreiben der Kreismülldeponie bezogen hat, für die sie jedoch das Gelände zur Verfügung stellte.
Geblieben ist die Frage, wie nach der abzusehenden Schließung der Mülldeponie eine ökologische Grundsanierung hinsichtlich einer sinnvollen und vor allem dauerhaften umweltverträglichen
Rekultivierung erfolgen soll.
Geblieben ist auch die Frage, warum ein herrlich in einem Park gelegener Kindergarten, erst kürzlich wieder kostenaufwendig modernisiert, unter den gegenwärtig erschwerten Bedingungen für
Kindertagesstätten nach entsprechenden Festlegungen mit den Nachbargemeinden nicht auch von diesen mit genutzt werden kann, sondern zum 31. Dezember 1992 geschlossen werden soll.
Und schließlich blieb die Frage, ob Gunsleben neben der zentralen Mülldeponie unbedingt noch eine große Kläranlage für mehrere Ortschaften verkraften muss. Gunsleben - das Mekka für den Kreismüll
und die Kreisfäkalien.
An und für sich reicht es - eine stillgelegte Bahnlinie und dafür zeitaufwendiger Kreistourismus per Schienenersatzverkehr; eine bald schließende Poststelle und dafür die Aussicht, einmal
wöchentlich Briefmarken und Postkarten im ambulanten Posthandel erwerben zu können; eine auch schon zum Tode verurteilte Konsumverkaufsstelle und dafür die Möglichkeit, durch teure ambulante
Händler mit dem Allernotwendigsten versorgt zu werden - quo vadis, Gunsleben?
Sicher - Gunsleben hat einen wundervoll gelegenen und liebevoll gepflegten Friedhof mit einer erst unlängst neu eingedeckten Halle für Trauerfeierlichkeiten. Aber darin allein kann sich
Lebensqualität oder das, was immer man auch darunter verstehen will, ja wohl nicht äußern.
Übrigens: 670 Millionen DM wurden in Sachsen-Anhalt am falschen Platz ausgegeben, wie vom Landesrechnungshof ermittelt wurde. Gunsleben wäre mit 1,2 Millionen DM sicher ein richtiger Platz
gewesen.
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