Kellergeschichten

 

Von Dieter Pfusch

 

Seit 45 Jahren bin ich nun schon Berliner. Was mir aber fehlt, was mir wirklich fehlt, ist ein Keller, ein richtiger Keller, wie ich ihn aus meinem Elternhaus kenne. Nicht etwa, um mich, wie 1944/45 vor der Bombenlast hochfliegender Bomber in Sicherheit zu bringen, nein, denn solche Zeiten sind in Deutschland längst vorbei und kehren hoffentlich niemals wieder. Ich sehne mich nach dem Keller meiner Eltern, weil er eine wahre Schatzkammer war, selbst im letzten Jahr des letzten großen Krieges. Ein so wichtiges Nahrungsmittel für uns Menschen und gleichzeitig Futter für das Schwein im Stall, waren die Kartoffeln - die von mir aber wenig Beachtung fanden. Wir hatten - außer dem Keller - ein paar Morgen Acker, die uns über Jahre zu Selbstversorgem machten. Das waren jene Leute im Dorf, die keine Lebensmittelkarten erhielten, eben - weil sie sich selbst versorgen konnten - mit Geschlachtetem vom Schwein und Butter, selbst erzeugt, aus der Milch der Ziegen.
Die für mich wirklich wahren Kostbarkeiten stammten aus dem mir damals riesig vorkommenden Garten hinter dem altehrwürdigen Fachwerkhaus. Aber ich kam alleine damals nicht heran an diese Schätze, die in einem klobigen, stabilen Regal im Keller lagerten. Ich war zu klein. Auch war ich noch nicht geschickt genug, um mir eines der Weck-Gläser zu öffnen. Ja, Mutti „weckte" ein, in Gläser, die von der Firma Weck hergestellt worden waren. „Einwecken" hieß das Einkochen, das Konservieren daher damals. Bohnen, Spargel, Birnen, Pflaumen wurden eingeweckt - und Erdbeeren! Ich bekam die Erdbeeren zugeteilt, in einem viel zu kleinen Kompottschälchen! Auch wenn ich sicherlich mehr als die Erwachsenen um mich herum abbekam, schließlich war ich der Kleinste und Jüngste am Tisch. Es konnten aber nie genug sein.

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